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26. Januar 2022, 18:00 Uhr
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Krabbenfischer in der Krise

Die deutschen Krabbenfischer haben drei schwierige Jahre hinter sich – Viele bangen um die Existenz

Krabbenfischer in der Krise

Ostfriesland. Wenn es um das „Gold der Nordsee“ geht, kennen die deutschen Krabbenfischer die Launen der Natur nur zu gut – mal gibt es ertragreiche Jahre, mal weniger. Die beliebten roten Schalentiere kommen und gehen wie Ebbe und Flut, die Fangmengen schwanken daher von Jahr zu Jahr. Doch nach insgesamt drei wirtschaftlich schwierigen Jahren scheint die Welt für die Fischer 2021 endgültig aus den Fugen geraten zu sein. Neben niedrigen Fangmengen beklagen Erzeugergemeinschaften mit Blick auf das zurückliegende Jahr gestiegene Betriebskosten, Investitionen in eine immer älter werdende Flotte und kaum auskömmliche Erzeugerpreise. Die Sorge um die Existenz wächst bei vielen Fischern.

„Es sieht nicht gut aus“, sagt der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer (EzDK), Dirk Sander. Denn jetzt im Winter ist die Zeit im Jahr, in der die Fischer eigentlich von ihrem Ertrag aus dem Jahresanfang leben und ihre Kutter und Netze auf Vordermann bringen. Auch 2021 brachte den Krabbenfischern zwischen Sylt in Schleswig-Holstein und dem ostfriesischen Greetsiel nicht das erhoffte normale Jahr. Im Gegenteil: „Nach drei schlechten Jahren sind alle Reserven aufgebraucht“, sagt Dirk Sander, dessen Erzeugergemeinschaft rund 100 Betriebe vertritt. Einige Betriebe würden „kräftig im Minus sein“.

Nach vorläufigen Angaben der Erzeugergemeinschaften sind den Krabbenfischern im vergangenen Jahr etwa 7000 bis 8000 Tonnen Krabben in die Netze gegangen, etwa so viele wie im mauen Vorjahr 2020 – und nur etwa halb so viele wie im Rekordjahr 2018. Für das letzte Jahr beziffert Philipp Oberdörffer, Fischereiexperte bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, den Umsatz der deutschen Krabbenfischer auf rund 30 Millionen Euro. Das ist etwa ein Drittel weniger vom Mittel der vergangenen zehn Jahre. Damit liegt auch der Umsatz auf unterdurchschnittlichem Vorjahresniveau. 2019 lag er gar bei nur 25 Millionen Euro. „Wenn das so weitergeht, sehe ich da keine wirtschaftliche Zukunft“, sagt Oberdörffer. Vor allem der niedrige, stagnierende Erzeugerpreis frustriert die Krabbenfischer. Dabei sei die Nachfrage nach Krabben in Gastronomie und Handel insbesondere in Zeiten des boomenden Küstentourismus eigentlich ordentlich, sagt Günter Klever, Geschäftsführer der zweiten großen Erzeugergemeinschaft, Küstenfischer der Nordsee. „Nur die Fischer haben davon nicht profitiert.“ Die Erzeugerpreise lagen laut den Fischern wie schon im Vorjahr auch 2021 im Schnitt bei rund drei Euro pro Kilogramm Krabben. „Das ist eigentlich für die Fangmenge, die angelandet wurde, zu gering“, sagt Klever. „Es hätten doch an die zehn Euro sein müssen.“ Einige seiner rund 50 Betriebe würden es daher schwer haben, über den Winter zu kommen.

Doch warum zieht der Preis für Krabbenfleisch bei niedriger Fangmenge und hoher Nachfrage nicht an? Laut den Erzeugergemeinschaften funktioniert auf dem Markt das System von Angebot und Nachfrage zwischen den Krabbenfischern, den Großhändlern und dem Lebensmittelhandel nicht mehr richtig. „Es ist eine total verfahrene Situation“, beschreibt auch Oberdörffer die Lage der Branche. Vielen Fischern fehle das Licht am Ende des Tunnels. „Die Stimmung kippt schon Richtung Resignation.“ Trotz vieler Jahre Erfahrung sei für die Fischer nicht absehbar, wo die Reise in den kommenden Monaten hingehen werde. Etwas Mut macht den Seeleuten zumindest, dass die Lager der Großhändler langsam leer laufen, dann könnten auch die Preise für Krabbenfleisch wieder steigen. Sofern dann auch der Fang wieder mitspielt – aber der liegt ja bekanntlich in der Hand der Natur.

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